Traurige junge Frau, die verzweifelt auf dem Boden im Flur ihrer Wohnung sitzt und das Gesicht mit Händen bedeckt.

Autorin: Simone Kriebs

Irrationale Ängste verstehen und auflösen

Wie das Gehirn Phobien kodiert und wie sie mit Hypnose neutralisiert werden können

Phobien sind mehr als bloße Ängste – sie sind tief verankerte, oft irrational erscheinende Furchtreaktionen, die den Alltag erheblich einschränken können. Doch warum entstehen sie, und warum kann das Gehirn nicht einfach zwischen echter Gefahr und harmlosen Reizen unterscheiden? Die Antwort liegt in den neuronalen Mechanismen, die Angst im Gehirn kodieren. Die gute Nachricht: Hypnose bietet eine gezielte Möglichkeit, diese Fehlverknüpfungen zu lösen und eine neue, angstfreie Reaktion zu etablieren.

Inhaltsverzeichnis

Das Gehirn als Angstarchiv: Wie Phobien gespeichert werden

Unser Gehirn funktioniert wie ein Hochleistungscomputer, der Erfahrungen speichert und bewertet. Insbesondere die Amygdala, das „emotionale Alarmsystem“ unseres Gehirns, spielt eine zentrale Rolle bei der Kodierung von Angst. Sie entscheidet in Sekundenbruchteilen, ob ein Reiz eine Bedrohung darstellt und sendet entsprechende Signale an den Körper.

Beispiel:

Eine Person, die sich als Kind von einem Hund erschreckt hat, erlebt vielleicht, dass ihr Herz jedes Mal schneller schlägt, wenn sie einen Hund sieht. Die Amygdala hat den Zusammenhang „Hund = Gefahr“ gespeichert und ruft diese Reaktion automatisch ab, obwohl die meisten Hunde harmlos sind.

Da diese Speicherung oft unbewusst abläuft, kann die Angst auch dann bestehen bleiben, wenn die betroffene Person rational weiß, dass die Situation ungefährlich ist. Dies erklärt, warum Phobien schwer durch bloße Willenskraft zu überwinden sind.

Die Entstehung von Phobien: Wie Angst gelernt wird

Phobien können durch verschiedene Mechanismen entstehen:

  • Konditionierung: Ein negatives Erlebnis oder Gefühl wird mit einer bestimmten Situation oder einem Objekt verknüpft. Manchmal ohne, dass der Zusammenhang klar ist.

  • Beobachtungslernen: Menschen lernen Angst durch das Verhalten anderer. Wenn ein Elternteil Angst vorm Fliegen hat, kann das Kind die Unsicherheit spüren und diese Angst übernehmen.

  • Unbewusste Suggestionen: Wiederholte Warnungen (z. B. „Fliegen ist gefährlich“) können über die Zeit eine Angstreaktion auslösen.

Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass diese Prozesse tief im limbischen System verankert sind. Das limbische System ist eine Gruppe von Gehirnstrukturen, die für die Verarbeitung von Emotionen, insbesondere Angst und Stress, eine zentrale Rolle spielen. Zu den wichtigsten Bereichen gehören die Amygdala, der Hippocampus und der präfrontale Cortex.

Wie speichert das Gehirn Angst?

Wenn wir eine bedrohliche oder stark emotional aufgeladene Erfahrung machen, reagiert die Amygdala als unser „emotionales Alarmsystem“. Sie aktiviert in Sekundenbruchteilen das sympathische Nervensystem und löst eine Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsreaktion aus. Gleichzeitig wird die Erfahrung mit starken Emotionen verknüpft und gespeichert. Der Hippocampus, zuständig für Erinnerungen, speichert die Kontextinformationen dazu (z. B. Ort, Zeit, Umstände).

Die Amygdala kann diese emotionalen Erinnerungen auch ohne bewusste Beteiligung des Denkens abrufen. Deshalb empfindet jemand mit einer Spinnenphobie automatisch Angst, sobald er eine Spinne sieht – auch wenn er rational weiß, dass sie harmlos ist.

Warum sind einmal gespeicherte Ängste schwer zu lösen?

  • 1. Unbewusste Speicherung: Die Amygdala arbeitet unbewusst und reagiert deutlich schneller als der bewusste Verstand. Eine Angstreaktion tritt auf, bevor der rationale Teil des Gehirns (präfrontaler Cortex) die Situation logisch bewerten und einordnen kann.

  • 2. Konditionierung: Durch wiederholtes Erleben der angstbesetzten Situation verstärkt sich die Angstreaktion. Häufig kreisen bei Betroffenen die Gedanken um die phobische Situation und führen ebenso zu einer Verfestigung der Angst. Angst führt in der Regel zu Vermeidungsverhalten und mündet so in einem Teufelskreis. Jedes Mal, wenn jemand seine Angst vermeidet (z. B. Fliegen meidet), bestätigt das Gehirn: „Gut, dass du das nicht gemacht hast – das war gefährlich!“ – diese negative Verstärkung hält die Phobie aufrecht.

  • 3. Unbewusste Trigger: Oft reicht eine kleine Erinnerung an die Ursprungssituation (ein Geruch, ein Geräusch) aus, um die Angstreaktion wieder auszulösen – ohne dass uns der Zusammenhang bewusst ist. Unser Verstand sucht für die Angstreaktion nach logischen Erklärungen, z.B. „Ich habe Angst im Flugzeug, weil ich nicht jederzeit aussteigen kann“. In der Hypnosetherapie werden die wirklichen Auslöser aufgedeckt und neutralisiert. Erfahrungsgemäß weichen die eigentlichen Trigger oft stark von der logischen Erklärung ab.

Hypnosesitzung in der Ausbildung vor Ort in Kempen

Hypnose Coaching

Die Rolle des Unbewussten und warum Hypnose wirkt

Da Phobien tief im Unbewussten verwurzelt sind, ist es sinnvoll, auf einer unbewussten Ebene mit ihnen zu arbeiten. Hier setzt Hypnose an.

Wie funktioniert das?
In hypnotischer Trance lenkt man die Aufmerksamkeit auf die inneren Prozesse und erkennt, wie die innere Codierung zu der Angstreaktion führt. Dies ermöglicht es dem Klienten, auf gespeicherte Konditionierungen zuzugreifen und sie gezielt zu verändern.

Praxisbeispiel:
Eine Person mit Spinnenphobie kann in Hypnose eine Umbewertung der angstbesetzten Situation vornehmen. Sie erlebt in Trance, wie sie ruhig bleibt, wenn sie eine Spinne sieht. Mittlerweile ist dank bildgebender Verfahren nachweisbar, dass das Gehirn die neue innere Vorstellung der sonst phobischen Situation als real „erlebt“ und überträgt das neue Verhaltensrepertoire in den Alltag.

Moderne bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) zeigen, dass sich in Hypnose tatsächlich die Aktivierungsmuster im Gehirn verändern.¹ Die Amygdala, die bei Angst überaktiv ist, wird beruhigt, während der rationale Teil des Gehirns (der präfrontale Cortex) stärker involviert wird.

Hypnose kann genau dort ansetzen, wo bewusste Kontrolle an ihre Grenzen stößt:

  • Die Amygdala wird beruhigt, sodass das Gehirn lernt, die bedrohlichen Reize anders zu bewerten.

  • Neue Verknüpfungen werden geschaffen: In Trance kann das Gehirn sich eine alternative Reaktion vorstellen (z. B. Entspannung statt Angst) – das hilft, alte Muster umzuprogrammieren.

  • Trigger verlieren ihre emotionale Ladung, weil das Unterbewusstsein die gespeicherten Emotionen mit neuen neutralen oder positiven Gefühlen überschreibt.

Behandlungsmöglichkeiten von Phobien

Zum Spektrum der Behandlung von Phobien gehören traditionelle Therapien wie die kognitive Verhaltenstherapie, die auf Gedanken und Verhaltensweisen abzielt, die mit Phobien verknüpft sind. Die Expositionstherapie konfrontiert Betroffene schrittweise mit der gefürchteten Situation, sodass sich die Angst über die Zeit abbaut. Dieser Ansatz erfordert viel Geduld und ist nicht immer erfolgreich, weil Klienten sich der Methode entziehen.

Hypnose setzt dagegen direkt beim emotionalen Erleben an und kann rasch erhebliche Veränderungen bewirken. Sie schafft Zugang zu den unbewussten Prozessen hinter den Phobien und ermöglicht es, diese zu beeinflussen und angstbesetzte Situationen neu zu bewerten und umzudeuten. Die Konfrontation mit dem sonst angstbesetzten Auslöser erfolgt im Alltag erst, wenn das Gefühl bereits im Unterbewusstsein verändert ist und dadurch zeigt der Klient zu seinem eigenen Erstaunen auch ein anderes Verhalten als er es bisher gewohnt war. Die Wirksamkeit von Hypnose bei Angststörungen – insbesondere bei Phobien – ist auch wissenschaftlich gut belegt: Eine Metaanalyse ergab, dass Hypnotherapie vergleichbar effektiv wie Verhaltenstherapie ist und bei Phobien sogar eine besonders hohe Wirkung erzielt.²

Hypnosesitzung Simone

Behandlungsmethode – Hypnose Coaching

Hypnose als effektive Behandlungsmethode

Hypnose kann Ängste auf mehreren Ebenen reduzieren:

  • Entkopplung der Angstreaktion: Der Reiz (z. B. ein Hund) und die Trigger (Park, Mensch mit Leine in der Hand… usw.) wird vom Angstgefühl getrennt.

  • Umschreiben der inneren Bilder: Angstbilder werden durch neutrale oder positive Vorstellungsbilder ersetzt.

  • Kognitive Neuausrichtung: Die Bedeutung der gefürchteten Situation wird bewusst verändert (z. B. „Fliegen ist sicher und entspannt“). Der Fokus richtet sich dann nicht mehr auf Katastrophenszenarien, sondern auf die Vorfreude auf den anstehenden Urlaub.

Fallbeispiel:
Eine Klientin mit Flugangst wurde in Hypnose durch eine imaginäre Flugreise geführt. Zunächst wurden angstauslösende Trigger neutralisiert, sodass sie ihre emotionale Kraft verloren. Danach wurden belastende Glaubenssätze umbewertet und neue positive Gefühle wie Entspannung und Vorfreude mit dem Fliegen verknüpft. Nach mehreren Sitzungen konnte sie ihre erste Flugreise entspannt antreten.

Fazit: Ängste umprogrammieren statt unterdrücken

Angst ist eine notwendige Schutzreaktion, doch wenn sie unser Leben einschränkt, lohnt es sich, sie zu hinterfragen. Hypnose ermöglicht es, unbewusste Fehlverknüpfungen im Gehirn zu lösen und durch neue gesunde Reaktionsmuster zu ersetzen. Dabei ist es wichtig, dass Hypnose professionell angewandt wird, um nachhaltige Veränderungen zu erreichen. Mit den richtigen Techniken und einem erfahrenen Therapeuten oder Coach kann Hypnose helfen, Phobien dauerhaft aufzulösen und mehr Freiheit im Alltag zu gewinnen.

¹ Jiang, H., White, M. P., Greicius, M. D., Waelde, L. C., & Spiegel, D. (2017). Brain Activity and Functional Connectivity Associated with Hypnosis. Cerebral Cortex, 27(8), 4083–4093. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

² Flammer, E. (2006). Die Wirksamkeit von Hypnotherapie bei Angststörungen. https://www.meg-stiftung.de

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